Utopolis Kunstwerkstatt Text

Szene Kunstwerkstatt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Teamleiterin geht vor, kündigt Kursleiterin an

TL: „Ich habe die Kursleiterin gefunden!“

Die trägt Beschäftigungskoffer, eine Kladde und eine Mappe mit Papieren, einen Becher mit Eddings und vorbereiteten Malerkreppklebestücken

Schaut rein, guckt, quetscht sich dann durch den Seiteneingang, zieht beim Reinkommen den 2. Ärmel des Malerkittels an 

…ach du meine Güte, hallo – hallo sind Sie meine Gruppe? Meine Kunstgruppe? Ach du meine Güte,

Sie sind alle schon da,

ich bin zu spät,

guckt auf die Uhr,

ja, sie scheint stehen geblieben,

wissen Sie die ist von meinem Opa, ein Erbstück, sie steht.

schüttelt den Arm, schaut

nichts ist für immer, meine Uhr ist stehen geblieben, sowas, kaputt, wie schade  

also meine Damen und Herren entschuldigen Sie vielmals, ich saß noch drüben, gemütlich in meinem Vorbereitungsraum, das ist wirklich unverzeihlich – zu spät, die schöne Uhr, ich verstehe es nicht, machen Sie es sich bequem, wir fangen sofort an,

schaut auf den Müll, Berge am Boden

und was ist denn das hier überhaupt, ach, wer sind Sie - sind Sie, ist das die Materiallieferung, haben Sie das Kunstmaterial gebracht, ja? Ist das für unsere Arbeit?

 

Müllmädchen: „Ja.“

 

Ah, ja, aha,

Kursleiterin schaut sich um

das ist ja eine Menge, ein ziemliches Durcheinander,

kickt mit dem Fuß etwas hoch

ach, aber ich sehe schon, viel dabei, gut, hm, nun, also ich denke, das genügt, das passt schon, damit können wir arbeiten, daraus können wir was machen, ja, also ich denke, ich brauche Sie jetzt nicht mehr,

gehen Sie, machen Sie doch Pause, bitte, ja, also gehen Sie jetzt bitte, vielen Dank,

sie scheucht sie etwas raus, dreht sich wieder zum Publikum

 

Meine Damen und Herren entschuldigen Sie, aber diese Lieferung, es sieht etwas wüst aus, ich weiß, das ist jetzt so, immerhin ist sie noch gekommen, wir werden uns gleich einen Überblick verschaffen, lassen sie sich nicht beeinträchtigen, ach du meine Güte, so ein Durcheinander.

Jammert: Dabei wollte ich es so schön haben mit Ihnen, mannomann, was für ein Start, wie kriegen wir das bloß wieder hin,

wir fangen jetzt an.

stellt sich in Position frontal vor die Gruppe

Also meine Damen und Herren, ich möchte Sie herzlich zu meiner allerersten Kunstwerkstatt begrüßen, sehr herzlich jaha,

und bitte nochmals, diese Verzögerung zu entschuldigen,

das holen wir wieder auf,

bitte sagen Sie es auch nicht weiter, mit diesem Anfang,

schaut zur Kamera, zurück zum Publikum, leiser:

wissen Sie ich werde bewertet, wie das hier heute läuft. Ich bin ein bisschen drauf angewiesen, nicht wahr, so wie Sie ja auch in gewisser Weise

wieder normal laut

Aber zuerst mal - ist es nicht herrlich? Hier? Dieser Raum? Ich habe diese neue Werkstatt bekommen, also auf Probe sozusagen.

Ich bin begeistert, schauen Sie sich um:

Der Raum hat Platz.  - Höhe. -  Licht. -  Luft. -  

Jawohl:  - frische Luft, echte frische Luft -  man kann diese Rolltore öffnen, ist das nicht phantastisch,

ja und dann dieser historische Charakter, dieses Museum, das inspiriert doch.

Hier kann man wirklich kreativ werden nicht wahr – und das wollen wir doch, dafür sind wir  ja heute alle hier.

 

Ich habe mich selber noch nicht vorgestellt, also ich bin die Rosetta

zeigt auf ihr Namensschild,

ich bin die Künstlerin.

 Ja ich mache Kunst, ich kann alles. Jetzt auch Kurse.

Ich habe die Werkstatt hier gekriegt und biete Ihnen dafür was an. Das ist der Deal gewissermaßen.  

Gestern habe ich noch bis in die Nacht diesen  Raum vorbereitet. Es sollte doch schön sein!!!  Die Wände, na ja, was meinen Sie? Bunt allemal. Ich habe es erstmal so gelassen, wie finden Sie es?

Ich bin noch unentschieden, aber es sollte wirklich schön werden, ich habe mein Bestes gegeben für Sie. Für heute.  Und dann habe ich auch noch alles andere vorbereitet.

Guckt etwas irritiert

Ich bin auch extra dafür ausgebildet, sehen Sie hier, mein Zertifikat, ich musste diese Fortbildung mitmachen, schauen Sie

zeigt ein Minibild-Zertifikat aus der Kitteltasche

da steht es drauf: ich bin nun Kunst-Kultur-Kreativ-Kompetenz-Trainerin, ganz frisch zertifiziert,

das kam erst gestern  bei mir an, gerade rechtzeitig, es kommt auch noch an die Wand,

Sie sehen meine Damen und Herren,  ich  bin kompetent! Und jetzt voll und ganz für Sie da!

Der Kurs soll Sie ja auch ein Stückweit testen. Was können Sie, was haben Sie drauf.

Wer gut ist,  darf wiederkommen, zum Beispiel. Mitarbeiten vielleicht, ich brauche sicher Assistenz. Praktikanten schaden nie. So läuft das hier. Also strengen sie sich an! Gute Leute wollen wir fördern. Ihre Kreativität entwickeln. Genau. Hier im  Einsteigerkurs. Das wussten Sie ja vorher. Bestenfalls wird es danach sonst verordnet. Das Kunstmachen erlernen. Also ich muss Sie  natürlich auch evaluieren. Aber keine Sorge, ich bin sicher Sie alle haben Potenzial. Das kriegen wir schon hin. Das Programm bietet viele Möglichkeiten, ich habe das alles schon geplant.

Meine Damen und Herren, wir wollen ans Tun kommen, wir müssen die Verspätung aufholen, also jetzt: der Programmablauf.  Wir fangen an. Tempo Tempo.  

Tata! Der Überblick: Heißt bei mir: Hier und heute.  

Das habe ich gelernt, erst vorstellen, was passiert, Tagesüberblick, sonst sind die Leute desorientiert und unlustig und teilen ihre Kreativitätspower falsch ein.

 Ja, wir wollen ja was machen! Oder? Das Material ist da,

zeigt auf den Müll

damit machen wir nachher was. Das ist der Hauptpunkt.

Aber es gibt es einen Einstieg. Erstmal gibt es: Selbstporträt.

Kennen Sie oder? Ist der Kopf. Der eigene.

Den malen wir jetzt. Jeder von sich selbst. Jede auch.  

Untenrum sehen sie ja alle gewissermassen gleich aus mit diesen schicken Overalls.

Oben ist alles anders. Das ist das Thema! 

Das ist eine Aufwärmübung. Haben wir im Seminar selber auch gemacht. Was meinen Sie wir hatten einen Spaß, das werden Sie gleich merken. Hier, wir teilen mal schnell aus. Blätter, Stifte, greifen sie zu. Jede nimmt eins bitte, machen Sie schon! Ein bisschen Beeilung, das ist ja nur die Lockerungsübung hier. Stift auch, schon mal Kappe abmachen, nicht verlieren, verteilen Sie die Sachen, hier, Sie auch noch, bitte sehr …

                Verteilt mit der Teamleiterin die Materialien

Ach, das war so lustig! Das hab ich gleich übernommen. Sie werden sehen. So nun malen Sie sich. Also folgendermaßen: das Papier halten Sie dicht vor ihr Gesicht, vor die Nase, nicht an die Nase, mit etwas Abstand. Und dann malen Sie den eigenen Kopf. Also von Vorne. So:

demonstriert

den Edding … so!

Ja dann meine Damen meine Herren, auf die Plätze fertig los! Malen Sie sich selbst. Den Kopf, die Augen die Nase, den Mund, den Bart die Brille die Ohren und die Haare und was sonst noch so an Ihnen dran ist. Hirn, ja, vielleicht.

Ich dokumentiere derweil etwas, lassen Sie sich nicht stören, das muss ich tun, das haben wir so gelernt,

he Sie da, nicht abgucken, bleiben sie bei sich!  Das wird sonst nichts!

Wissen Sie, wenn das hier gut läuft, darf ich die Räumlichkeiten behalten, ich bin ein bisschen drauf angewiesen, dass Sie hier nun Spaß haben, Ergebnisse bringen und so weiter, also das sieht ja auch schon hervorragend aus, ich bin begeistert, Sie haben echt Potenzial, malen Sie, malen Sie! Wer zuerst fertig ist hat gewonnen! Zack zack, ja, das ist super, Sie werden gleich sehen, ich erkenne Sie original, ja! das sind Sie! Mensch das haut mich ja um, was Sie hier so zu Papier bringen, ein Foto noch, Moment, und drehen Sie das Blatt um wenn Sie fertig sind, schreiben Sie Ihren Namen drauf, Vorname reicht,

na was sagen Sie, was sehen Sie, ist das nicht original gut getroffen? 1 zu 1 sozusagen, wusste ich s doch das was in Ihnen steckt. Ich kann das beurteilen. Ich bin ja Künstlerin! Bravo, einen Szenenapplaus mal bitte, Sie sind drin! Kunstinfiziert! Kreativ im Kommen!

Toll oder? Aus künstlerischer Sicht, ja, gut, ich werde in Einzelarbeit noch was erreichen mit Ihnen, die Abstraktion fehlt mir insgesamt ein bisschen,  aber so, für den ersten Start  ist es wirklich schon super!

Jetzt mal die Stifte zumachen und hier wieder reinlegen, wir wollen das doch mal gleich an die Wand bringen. Lektion 2: Galerie, verstehen Sie? Kunst muss an die Wand. Heute also Premiere. Auch dafür. Alles Premiere heute. Habe ich auch vorbereitet, sehen Sie, auch aus dem Seminar mitgebracht:

Das Didaktische Röllchen. Kennen Sie? Kennen Sie?! Nicht Schinken-, nicht Speck-, nein: didaktische Röllchen. Hier: so sehen die aus. Damit kleben wir jetzt Ihre Porträts an die Wand. Sie selber machen das. Kommen Sie, holen Sie sich eins ab und suchen Sie den Ort, das ist eine Aktivierung. Selbsttätigkeit fördern und fordern heißt die Einheit. Husch husch, keine Hemmungen. Stolpern Sie nicht, hier ich mache Ihnen eine Gasse durch das Material, herrliche Sachen sind dabei, das kommt gleich, erstmal her mit den Bildern und ab an die Wand, ist doch toll, hier: entzückend, diese niedlichen Öhrchen hier, schauen sie, ach das ist die Brille, na ja, also toll, so viel Präsenz.  

Und jetzt kennen wir uns ja auch schon richtig gut.  Puh! Sehr gut!  Ich  kann das beurteilen.

Sie entgehen mir nicht mehr, draußen, nach diesen Porträts!

 

Jetzt kommen wir mal zum Wesentlichen haha, das war gut diese Übung oder?

Jetzt machen wir Folgendes. Sie sehen: hier stehen unsere Schneiderpuppen. Nackt und braun. Nackt ist out. Mode ist in und darum geht es:

Rohstoff wird Wertstoff, war es ja vorher auch.

Verpackung wird Kleidung, auch das ist ja schon so angelegt.  Ob Folie nun Mettwurst verpackt oder den menschlichen Körper, wo ist da die große Differenz? Denken Sie mal mit! Denken Sie weiter. 

Von Kopf bis Fuß.  Kopf hatten wir schon. Jetzt kommt der Rest. Müll goes Mode. Machen wir mit, was? Ich habe uns vorausschauend auch schon gleich zum Upcicling-Designwettbewerb angemeldet.

Bitte sehr liebe Damen und Herren, das ist ein ernsthafter Ansporn. Da steht was auf dem Spiel. Preise, Prestige, Gewinngelder, Gehälter vielleicht, Ruhm und Ehre allemal. Ja und Sie - sind live dabei.  Machen Sie Mode, greifen Sie zu, entwerfen Sie das beste Outfit, schaffen Sie sich Perspektiven, Punkte,   schauen Sie sich um, Sie tragen ja heute auch schon ganz besondere Stoffe,

lassen Sie Ihre schöpferischen Kraft schalten und walten, engagieren Sie sich, arbeiten Sie gerne auch in Teams, machen Sie, machen Sie!

… hier nehmen Sie das…

… schauen Sie mal dort…

… brauchen Sie Werkzeug?

…

Die Szene wird unterbrochen von der Widerstandsgruppe, die den Raum stürmt

Ja Moment einmal, was ist denn jetzt los, hallo, wer sind denn Sie? Was machen sie denn hier, das ist ja nicht zu fassen, schon wieder eine Störung, das kann ich jetzt überhaupt nicht brauchen, ausgerechnet heute ….

                Die Kursleiterin geht ab